Basale Stimulation

therapeutisches Konzept

Basale Stimulation (von basal = „grundlegend und voraussetzungslos“, und lateinisch stimulatio = „Anreiz, Anregung“) ist ein therapeutisches Konzept und bedeutet die Aktivierung der Wahrnehmungsbereiche und die Anregung primärer Körper- und Bewegungserfahrungen sowie Angebote zur Herausbildung einer individuellen non-verbalen Mitteilungsform (Kommunikation) bei Menschen, deren Eigenaktivität aufgrund ihrer mangelnden Bewegungsfähigkeit eingeschränkt ist und deren Fähigkeit zur Wahrnehmung und Kommunikation erheblich beeinträchtigt ist, z. B. schwerst mehrfachbeeinträchtigte Menschen, Menschen mit Schädel-Hirn-Trauma, Menschen mit hemiplegischem, apallischem oder komatösem Syndrom sowie geriatrische Patienten und Sterbende. Mit einfachsten Möglichkeiten wird dabei versucht, den Kontakt zu diesen Menschen aufzunehmen, um ihnen den Zugang zu ihrer Umgebung und ihren Mitmenschen zu ermöglichen und ihre Lebensqualität zu erhöhen.

Die Basale Stimulation wurde von dem Sonderpädagogen und heilpädagogischen Psychologen Andreas D. Fröhlich ab 1975 im Rahmen eines Schulversuches für schwerst behinderte Kinder entwickelt, veröffentlicht und ist heute als Begriff markenrechtlich geschützt. Sie versteht sich ausdrücklich als pädagogisches Konzept und nicht als therapeutische Technik. Während Fröhlich das Konzept für den Bereich der Sonderpädagogik entwickelte, wurde das Konzept von Christel Bienstein in Zusammenarbeit mit Fröhlich in den Bereich der Pflege übertragen und vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe aufgegriffen.

Grundlagen der Förderung Bearbeiten

  1. Rhythmisierung der Aktivzeiten und Ruheperioden
  2. Schaffung geeigneter Lebens- und Lernräume
  3. Organisation von Interaktionsangeboten und -möglichkeiten
  4. Aufbau von persönlichen Beziehungen
  5. Beteiligung an Alltagsaktivitäten

Unter anderem werden Erfahrungen wie das Spüren des eigenen Körpers (Haut als Kontaktstelle zur Außenwelt), die Empfindung der eigenen Lage im Raum (Koordination) und das Kennenlernen des eigenen Inneren (z. B. der Muskulatur) durch somatische, vestibuläre (Gleichgewichtssinn) und vibratorische Anregungen gegeben.

Diese sensorischen Basisbereiche sind intrauterin angelegt.

Konkrete Beispiele Bearbeiten

Es werden in der Betreuung oder Pflege Wahrnehmungserfahrungen angeboten, die an vorgeburtliche Erfahrungen anschließen und als Basis zur weiteren Entwicklung dienen.

Außerdem werden fünf Sinne angesprochen (Sehen, Hören, Schmecken, Fühlen, Riechen).

  • Singen, Summen, Wasserbett mit starkem Lautsprecher darunter, unterschiedliche Musik im Raum, Klang- und Rhythmus-Instrumente über oder neben dem Körper spielen; wenn möglich, den Menschen selbst einen Schlägel verwenden oder die Vibration eines Instrumentes selbst spüren lassen.
  • Verschiedenartige, farbiges Licht gebende, auch sich bewegende Beleuchtungskörper über der Bettstätte oder für den Menschen sichtbar im Raum um ihn herum.
  • Mobiles und Wasserspiele im Raum.
  • Bällchenbett, Schaukeln, Rollstuhl.
  • Massagen aller Art und Stärke mit den verschiedensten Methoden, Ölen, Gegenständen, Erde und Pflanzen.
  • Stimulation durch wechselnde Lagerung, auch in Räumen mit Menschen und im Freien.
  • Bewegung im Schwimm- und Sprudelbad mit unterschiedlichen Trage- und Spielgeräten.
  • Die Nahrungsaufnahme, wenn möglich, reizvoll und angenehm gestalten.
  • Rhythmus, der sich erkennbar wiederholt, im Tageslauf.
  • Tätigkeiten mit Sprache begleiten, auch Erzählen.
  • Stimulation durch das Berühren (Streicheln) von Tieren in der tiergestützten Therapie.

Jede Eigentätigkeit, die dabei möglich ist, wird unterstützt, ebenso jeder Ansatz, der wie eine Reaktion, eine Antwort wirkt oder ein gegenseitiges Miteinander entstehen lässt. „Spiel-, Neugier- und Erkundungsaktivitäten“[1] können bei zuvor scheinbar gänzlich inaktiven Personen beobachtet werden.

Die Basale Stimulation sollte sinnvoll in den Alltag integriert werden (z. B. Förderpflege, Basale Aktionsgeschichten). Sie darf nicht aufgezwungen werden, stattdessen muss auf die aktuelle Befindlichkeit der Person Rücksicht genommen und das Angebot daran angepasst werden.

Literatur Bearbeiten

  • Christel Bienstein, Andreas D. Fröhlich: Basale Stimulation in der Pflege. Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e. V.
  • Thomas Buchholz, Ansgar Schürenberg: Basale Stimulation ® in der Pflege alter Menschen. Anregungen zur Lebensbegleitung. [Unter wiss. Begleitung von Andreas Fröhlich und Christel Bienstein]. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Huber, Bern 2009, ISBN 978-3-456-84564-7 (1., 2003, und 2. Auflage unter dem Titel: Lebensbegleitung alter Menschen).
  • Axel Enke: Basale Stimulation ®. In: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck, Lukas Radbruch (Hrsg.): Lehrbuch der Palliativmedizin. Schattauer, Stuttgart (1997) 3., aktualisierte Auflage 2012, ISBN 978-3-7945-2666-6, S. 966–970.
  • Andreas Fröhlich: Basale Stimulation. Verlag Selbstbestimmtes Leben, Düsseldorf 1991, ISBN 3-910095-11-9 (4. Auflage 2003).
  • Andreas Fröhlich: Basale Stimulation. Das Konzept. Verlag Selbstbestimmtes Leben, Düsseldorf 1998, ISBN 3-910095-31-3.
  • Dieter Niehoff; Heinrich Greving (Hrsg.): Basale Stimulation und Kommunikation (mit CD-ROM). In: Methoden in Heilpädagogik und Heilerziehungspflege. 2. Auflage, Bildungsverlag EINS Troisdorf 2007 (Erstausgabe 2003), ISBN 978-3-427-04863-3.
  • Peter Nydal, Gabriele Bartoszek: Basale Stimulation (Neue Wege in der Intensivpflege). 3. Auflage. Urban & Fischer, München/Jena 2003.
  • Peter Nydal, Gabriele Bartoszek (Hrsg.): Basale Stimulation. Neue Wege in der Pflege Schwerstkranker [Unter wiss. Begleitung von Christel Bienstein und Andreas Fröhlich]. 5. Auflage, Urban & Fischer in Elsevier, München / Jena 2008, ISBN 978-3-437-26502-0.
  • L. Pickenhain: Basale Stimulation. Verlag Selbstbestimmtes Leben. Düsseldorf 2000.
  • Birgit Werner: Konzeptanalyse – Basale Stimulation. 2. Auflage, Huber, Bern / Göttingen / Toronto / Seattle 2002, ISBN 3-456-83857-3 (1. Auflage 2001 unter dem Titel: Basale Stimulation in der Pflege).

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Fröhlich, 2003, S. 257